Kegeltour vom 19.09.-21.09.2008 nach Xanten
Jeanine und Hans-Walter organisierten 2008 eine perfekte Kegeltour, die uns allen
sehr viel Spaß bereitet hat.
Hier an dieser Stelle muss ich mal sagen, dass unsere Touren, es ist egal, wer
für die Organisation verantwortlich war, immer sehr toll waren. Danke an
alle!!!!!!
Treffen dieses Jahr war bei den Webers zu Hause. Dort erfuhren wir,
wo es uns dieses Mal hinführte und ich (Uli) wurde, noch zu meinem 60. Geburtstag, mit
einem ganz tollen Geschenk vom Kegelklub geehrt. Zur Tour erhielten wir ein
handgeschriebenes Pamphlet und es ging: Nach Xanten, die einzige Stadt, in
Deutschland, mit einem X.
Xanten, die Römer-, Dom- und
Siegfriedstadt am Niederrhein, hat ca. 22.000 Einwohner.
Um 5500 v. Chr., neolithische Bauern besiedeln den Xantener Raum,
12 v. Chr., Gründung des römischen Militärlagers Vetera Castra I,
9 n. Chr., Auszug des Varus zur Schlacht nach Kalkriese gegen Armin den
Cherusker,
98 n. Chr., Verleihung der Stadtrechte durch Kaiser Marcus UlpiusTraianus an die
entstandene römische Siedlung, die Colonia Ulpia Traiana, abgekürzt CUT,
um 275 Zerstörung der CUT durch die Franken; Anlage der Festung innerhalb der
CUT,
362 -363 Christenverfolgung; der Legende nach wurde in Birten der römische
Hauptmann Viktor mit seinen Gefolgsleuten hingerichtet,
frühes 5. Jahrhundert Ende der Römerherrschaft in Niedergermanien,
um 590 Anlage eines religiösen Stiftes um die Viktorkirche,
1228 Verleihung der Stadtrechte an den Markt Xanten,
1263 Grundsteinlegung zum Bau des gotischen Doms St. Viktor (Bau des romanischen
Westchors mit den beiden Türmen ab 1167),
nach 1535 Verarmung der Stadt durch die Verlagerung des Rheines,
1794-1814 Französische Herrschaft; Verweltlichung des Kirchenbesitzes,
1944/45 fast vollständige Zerstörung von Stadt und Dom, der anschließende
Wiederaufbau wird behutsam durchgeführt,
1969 Kommunale Neugliederung: Einbeziehung der umliegenden Ortschaften in das
Stadtgebiet Xantens,
1977 Eröffnung des Archäologischen Parks Xanten ,
1982 Eröffnung des Freizeitzentrums mit seinen Wassersportangeboten vor den
Toren der Stadt,
1988 Xanten wird "staatlich anerkannter Erholungsort",
2003 775-jähriges Jubiläum der Stadtgründung,
2004 Eröffnung der Jugendherberge .
2005 Grundsteinlegung für das Stiftsmuseum,
2008 im August 2009 soll das neue Römer Museum im Archäologischen Park Xanten
eröffnet werden.
Unsere Herberge in Xanten war das dortige Hotel Neumann. Die Zimmer waren
alle individuell gestaltet, so dass man sich einfach wohl fühlen musste.
Nach einem guten Mittagessen folgten die ersten Eindrücke von dieser Stadt mit
einem Rundgang durch den gotischen Dom St. Viktor.
Dom Sankt Viktor
"Zu den Heiligen" - "ad sanctos" reichen die Ursprünge Xantens zurück. Der
Legende nach starben der römische Legionär Viktor und seine Gefährten im 4.
Jahrhundert als christliche Märtyrer, zu deren Gedenkstätte bald die Gläubigen pilgerten.
Über der Grabeskirche von St. Viktor wurde 1263 der Grundstein zum gotischen Dom
gelegt, der größten Kirche zwischen Köln und der Nordsee. In seiner Bedeutung
für das Rheinland stand der Xantener dem Kölner Dom kaum nach.
Entsprechend aufwendig und wertvoll fiel die Ausstattung von Sankt Viktor aus,
für die die besten Handwerker und Künstler des Rheinlands engagiert wurden. St.
Viktor ist nicht nur die herausragende Kirche der Stadt, sondern auch
Mittelpunkt der ehemaligen Stiftsimmunität – einer Stadt in der Stadt, in der
die Kanoniker in eigenen Häusern wohnten.
Heute ist der Dom nicht nur Ort göttlicher Anbetung, sondern auch viel genutzter
Raum für kulturelle Veranstaltungen. Über Xantens Grenzen hinaus bekannt sind
die monatlich stattfindenden Domkonzerte.
Einige von uns hörten den Begriff, Kanoniker, zum ersten
Mal. Auch ich kannte
ihn nicht. Man kann also auch auf Kegeltouren etwas lernen!
Dieser Dom hat in einem Fenster etwas ganz besonderes, nämlich den Hennes vom
1.FC Köln. Entdeckt wurde er von Jo, was zu einer starken Belustigung im Club
führte. Die meisten Mitglieder sind ja Bayer 04 Leverkusen Fans. Nur Jo und Uli
nicht, die sind Fans vom FC Köln.
Vor dem Abendessen trafen wir uns noch bei den Webers, auf dem Zimmer. Hier
wurde der Ausrichter der nächsten Kegeltour ausgelost. Es ist Gerdi und Jörg.
Viel Erfolg!
Jo stellte wieder einmal einen Antrag für eine Beitragserhöhung. Die Mehrheit
(6 zu 5 eine Enthaltung) lehnte den Antrag ab.
Nach dem Abendessen auf Brasilianisch, (das Fleisch wurde am Tisch vom Spieß
geschnitten), trafen wir uns hinter dem Hotel.
Da es schon dunkel war, konnten wir Conni auf
der Toilette beobachten, sie fühlte sich wohl unbeobachtet!
Das nächste Ereignis stand an. Uns erwartete der
Nachwächter der Stadt zu einem
Rundgang um den Dom. Hier haben wir auch wieder interessante Dinge über den Dom
und die Stadt erfahren.
Der erste Tag endete mit einem Schlummertrunk. Es war schon toll bis hier hin,
ganz im Zeichen der Römer und es sollte noch toller werden.
Der nächste Tag begann, wie sollte es auch anders sein, mit einem guten
Frühstück. Ich bedankte mich mit einer Runde Sekt für das tolle Geschenk zu
meinem 60. Geburtstag.
Anschließend führten uns Jeanine und Hans-Walter zum Pauenhof.
Der Pauenhof erstmalig erwähnt in Karten des 12. Jahrhunderts war bis 1969 ein
ganz normaler Bauernhof mit Kühen, Pferden, Schweinen und Hühnern.
Ab 1969 wurde daraus ein spezialisierter Betrieb zur Ferkelaufzucht mit zuletzt
140 Muttersauen.
1988 hörte Johannes Troost, der in den sechziger Jahren 4
Bundespatente und 8 Gebrauchsmuster in der Landmaschinenindustrie hatte, mit der
Landwirtschaft auf und baute den Hof 2 Jahre lang in ein Traktorenmuseum um.
Angefangen Traktoren zu sammeln hatte er aber schon 1976, als er einen alten
Hanomag vor dem Verschrotten rettete und so seine Sammelleidenschaft weckte. Bis
zur Eröffnung des Museums 1990 wurden daraus etwa 120 alte Schätzchen.
Von nun an wurden nicht nur Schlepper sondern auch alte Landmaschinen gesammelt,
selbst die Gaststätte (Zum Traktor) ist im Landtechnikstil gehalten und mit
etlichen Maschinenteilen geschmückt worden.
1999 übernahm Norbert Stapper, gelernter Energieanlagen-Elektroniker, das Museum
von Johannes Troost und leitet seit dem die Geschäfte. Doch auch bei dieser
Anzahl an Traktoren und Landmaschinen findet sich immer noch ein seltenes Stück,
das in die Sammlung passt.
Die Landmaschinen waren aber nicht unser Ziel. Wir wurden von einer sehr charmanten jungen Frau, namens Julia, erwartet. Sie weihte uns in die Geheimnisse des Boßelns ein.
Boßeln ist ein Spiel bzw. eine Sportart, die überwiegend in den norddeutschen
Küstenregionen, aber auch weltweit gespielt wird. Andere Verbreitungsgebiete
sind die Niederlande, Irland, Italien oder manche Gebiete der USA, in die es
durch deutsche Auswanderer eingeführt wurde. Die Boßeln (plattdeutsch für
Kugeln, allgemeiner: Kloote) waren in der Anfangszeit des Sports aus einem
schweren Holz (Pockholz) gefertigt; mittlerweile kommen jedoch auch Kloote zum
Einsatz, die aus synthetischen Materialien gefertigt sind. Außerdem werden
Gummikloote benutzt.
Im klassischem Boßeln spielen zwei Mannschaften (bei Wettbewerben in 4 Gruppen
mit je 4 Werfern besetzt) gegeneinander. Dabei gibt es keine feste Wurfbahn,
sondern die Wettbewerbe finden auf Straßen statt. Jeder Werfer setzt mit seinem
Wurf an dem Landepunkt des Vorwerfers seiner Mannschaft an. Ziel ist es, die
jeweilige Boßelstrecke mit möglichst wenigen Würfen zu überwinden. Die
Mannschaft, die dafür die wenigsten Würfe benötigt, hat gewonnen. Bei gleicher
Wurfanzahl wird das Spiel als unentschieden gewertet. Die Streckenlänge ist
unterschiedlich, da je nach Straßenbeschaffenheit die Wurflänge unterschiedlich
ausfällt. Sie sollte aber so sein, dass jeder Werfer zwischen 10 und 12 Würfe zu
absolvieren hat. Dabei ist eine Gesamtstreckenlänge von ca. 8 Kilometern nicht
selten.
Wir bildeten zwei Mannschaften, Frauen gegen Männer. Und los
ging's!
Wir zogen also los, mit einem Bollerwagen voller Getränke und zwei Holzkugeln,
um zu Boßeln. Es war gar nicht so einfach die Kugel auf der Straße zu halten.
Sie rollte mal ins Feld, in die Wiese, in die Gülle und hier und da auch in den
Straßengraben. Michel erwies sich hierbei als idealer Kugel hohler. Einen Sieger
gab es nicht, da Julia der Männerriege ein paar Strafpunkte aufgebrummt hat, aber
alle waren zufrieden, weil es unentschieden ausging.
Das Trinken kam natürlich auch nicht zu kurz. Es wurde Bier, Schnaps und
alkoholfreie Getränke verzehrt.
Wegen des trinkens wird Boßeln, schon mal als Gruppenbesäufnis bezeichnet, was
bei uns aber nicht der Fall war.
Hier ein Dankeschön an unsere Begleitung Julia, es hat uns sehr viel Spaß
gemacht.
Leider konnte uns Uwe nicht mitspielen. Er hat sich das Traktormuseum
angeschaut, was ihm auch sehr viel Spaß bereitet hat.
Der Vormittag endete in der dortigen Gaststätte „ Zum Traktor „ mit einem
Mittagessen und der Nachmittag konnte dann jeder individuell gestalten, mit
Ruhen, Stadtbummel, usw..
Abends folgte für mich der absolute Höhepunkt dieser Kegeltour, obwohl alles
sehr schön war. Wir besuchten den Archäologischen Park von Xanten mit
anschließenden römischen Tafelfreuden im Roten Raum.
Der Archäologische Park Xanten (APX) ist ein Park mit originalen und
rekonstruierten römischen Bauten der Colonia Ulpia Traiana in Xanten.
Die 73 Hektar und rund 10.000 Einwohner umfassende Colonia Ulpia Traiana, auf
deren Überresten der Park erbaut wurde, war eine der zentralen Städte der
Provinz Niedergermanien und wurde 275 beinahe vollständig von Franken zerstört.
Die Bewohner errichteten daraufhin auf dem Gebiet der Colonia mit der Siedlung „Tricensimae“
das bedeutendste Festungswerk am Niederrhein, zu Beginn des 5. Jahrhunderts
nahmen die Überfälle durch germanische Stämme jedoch dermaßen zu, dass die
Siedlung endgültig aufgegeben wurde.
Zur Römerzeit führte ein Seitenarm des Rheins durch das Gebiet. Das Hafentor
dient heute als Parkeingang. Die einstige Herberge ist heute ein Restaurant, das
auch für Festivitäten im „römischen Stil“ gemietet werden kann. Die Stadt wurde
durch Grundwasser-Brunnen, Becken zum Auffangen von Regen und durch ein Aquädukt
mit frischem Wasser versorgt. Auch gab es ein unterirdisches Kanalisationssystem
für Abwässer. Die Bürgersteige um einzelne Häuserblocks waren überdacht.
Bemerkenswerte Bauwerke sind das Amphitheater und der Hafentempel.
Wir wurden von einer sehr charmanten Xantenerin empfangen. Sie führte uns durch
diesen Park und erklärte sehr leidenschaftlich die Römerzeit und die einzelnen
römischen Bauwerke. So bekamen wir einen sehr schönen Einblick in die Römerzeit.
Anschließend fand die römische Tafel statt. Wir schlüpften alle in römische Gewänder und bekamen römische Namen:
Gisela und Jo | Livia und Augustus | |
Karin und Uwe | Faustina und Marc Aurel | |
Iris und Uli | Messalina und Claudius | |
Conni und Michel | Berenike und Titus | |
Jeanine und Hans-Walter | Cornelia und Caesar | |
Gerdi und Jörg | Locusta und Bacchus |
Unsere Begleitung schlüpfte natürlich auch in ein römisches Gewand und
begleitete uns während der gesamten Tafel. Sie erzählte immer wieder zu den
einzelnen Namen, was für ein Charakter dahinter steckte und was Sie oder Er für
ein Mensch war. Dabei schnitten die Frauen am schlechtesten ab, da sie meistens
den Männern nach dem Leben trachteten.
Während der einzelnen Gänge, der römischen Tafel, fanden dann römische Spiele
statt. Das lockerte die Atmosphäre noch mehr auf.
Beim ersten Spiel wurden Haselnüsse, aus ca. 2 – 3 Meter Entfernung, in einen
Krug geworfen. Hier konnte man verschiedene Techniken bewundern. Jeder Spieler
hatte 5 Nüsse und wer die meisten versenkt hatte, hat gewonnen.
Der Sieger war Augustus, alias Jo, und ihm wurde hierfür ein Lorbeerkranz
überreicht.
Beim zweiten Spiel wurde ein Raster, aufsteigend von 1 -10, auf den Boden gemalt
und wieder wurden Haselnüsse geworfen. Jeder hatte 5 Nüsse und der mit den
meisten Punkten hat dieses Spiel gewonnen.
Der Sieger bei diesem Spiel, war Bacchus, alias Jörg, und ihm wurde ein Medaillon umgehangen.
Zu diesem Spiel gab es noch einen Kommentar, von dem Köllner Claudius, alias Uli:,
dat soh us ,wi eh Höppekäsje.
An dieser Stelle noch die Worte von Asterix und Obelix: Die spinnen die
Römer!!!!!!!!!!!!
Ja Leute, das war eine tolle Veranstaltung mit sehr viel Information über die
Römer und mit sehr viel Witz und Spaß.
Der Abend endete im Hotel bei einem Absacker (das letzte Getränk vom Tag) und
wir fielen dann auch müde ins Bett.
Der letzte Tag, wie sollte es auch anders sein, fing mit einem Sektfrühstück an
und nach dem Kofferpacken fuhren wir zum Schloss Moyland.
Schloss Moyland ist ein Wasserschloss bei Bedburg-Hau im Kreis Kleve, das zu den
wichtigsten neugotischen Bauten in Nordrhein-Westfalen zählt. Sein Name leitet
sich von dem niederländischen Wort Moiland ab, das „Schönes Land“ bedeutet.
Geprägt wurde der Name vermutlich von holländischen Arbeitern, die der damalige
Besitzer Jakob van den Eger an den Niederrhein kommen ließ, um die Feuchtgebiete
um seinen Besitz herum trocken legen zu lassen.
Heutzutage beherbergt Schloss Moyland als Museum die umfangreiche Sammlung
moderner Kunst der Gebrüder van der Grinten.
Im Schloss hieß es dann Ausschwärmen. Einige von uns
gingen in die Ausstellung, in den
Park und in den Kräutergarten. Aber irgendwie haben wir uns dann alle wieder
gefunden.
Unser letztes Ziel war dann Kalkar.
Die
Stadt Kalkar liegt am unteren Niederrhein im Nordwesten von
Nordrhein-Westfalen und ist eine kreisangehörige Stadt des Kreises Kleve im
Regierungsbezirk Düsseldorf. Sie ist Mitglied der Euregio Rhein-Waal.
Kalkar, das 1230 gegründet wurde und vermutlich 1242 Stadtrechte erhielt,
zeichnet sich insbesondere durch sein mittelalterlich geprägtes Stadtbild aus.
Kalkar hat heute ca. 15.000 Einwohner.
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden ist Kalkar vor allem durch die
Auseinandersetzungen über den Bau des „Schnellen Brüters", eines Kernkraftwerks
mit einer geplanten Leistung von 300 Megawatt. Der 1973 am Rheinufer im Ortsteil
Hönnepel begonnene Bau wurde zwar 1986 fertig gestellt, das Kraftwerk aber nicht
in Betrieb genommen. Ein niederländischer Unternehmer errichtete auf dem Gelände
den Freizeitpark „Wunderland Kalkar".
Nach einem Mittagessen im dortigen Ratskeller und einem Rundgang durch die
Stadt, Stadtkern und Mühle, endete hier unsere Kegeltour 2008.
Ein Schlusswort noch zur Tour, es war wieder einmal toll mit Euch und ich bin
froh, dass wir alle wieder gesund und munter Zuhause angekommen sind. Ich wünsche
Gerdi und Jörg ein gutes Gelingen für die Tour 2010, Euer Uli
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DEUTSCHLANDREISE:
Im Norden wird jetzt wieder geboßelt
Zwischen Deich und Dorfkrug
Boßeln ist mehr als eine friesische Party mit Korn und Pinkel.
VON CLEMENS NIEDENTHAL
Auf dem Weg nach Norden stehen sie plötzlich auf der Straße. Männer in farblich
sortierten Trainingsanzügen rufen und werfen unbekannte Dinge durch die
weitläufige Gegend. Dort, wo die Landstraße eine lang gezogene Kurve macht. Am
Horizont wartet weit weg der Deich. Plötzlich rollt dem Auto eine dunkle Kugel
entgegen. Donnert — klock, klock — gegen den Unterboden und landet nebenan im
Graben. Ein mäßiger Wurf, für den Volvo wie für den Werfer.
Saisonale Erscheinung
Der Fahrer, ein Einheimischer, kennt das nur zu gut. Er hatte die Fahrt längst unterbrochen. Die übrigen Reisenden — im Volvo und auf dem Weg nach Norden in Ostfriesland — beobachten das Szenario staunenden Blickes. Wie Ethnologen, die die Rituale der Bewohner einer fernen Ozeaninsel studieren. Ein Ritual ist das Boßeln tatsächlich. Eine regionale wie saisonale Erscheinung. In früheren Wintern waren die Gräben neben den Boßelstrecken — Landstraßen oder geteerte Wirtschaftswege — regelmäßiger zugefroren, was das Bergen abtrünniger Kugeln erleichterte. Das Boßeln selbst ist seit dem frühen 17. Jahrhundert belegt.
Am Straßenrand erzählen die Männer von ihrem Sport, den sie in der kurzen Saison um Weihnachten und Neujahr betreiben. In regionalen Ligen organisiert, von der Lokalpresse fotografiert. Es sind fast immer die gleichen Bilder, emporgeschraubte Körper mit weit ausgestreckter Wurfhand. Technik, Übung und Ernsthaftigkeit stecken in den Bewegungen. Von wegen Boßeln sei nur die Wegstrecke zwischen dem ersten Korn und dem finalen Grünkohl mit Pinkel. Nur eine friesische Party zwischen Deich und Dorfkrug.
Für einen gelungenen Wurf aber braucht es mehr als nur große Gesten. Die Kugel muss lange und mit möglichst geringer Reibung über den Daumen — „övert Dum" — aus der Hand gleiten. Und sie muss gut platziert werden, muss eine Spurrille finden, in der sie endlos gleitet. Oder mit einigem Effet über den Scheitelpunkt einer Kurve gejagt werden. Ein guter Boßler liest die Straße, macht sich ihre Macken und Unebenheiten zum Kompagnon. Und kommt dabei auf Distanzen von 140 oder gar 170 Metern, die sich am Ende zu einer Wettkampfdistanz von etwa acht Kilometern addieren. Anfänger verweilen in der typischen Keglerhaltung — und im zweistelligen Meterbereich.
„Gesprochen wurde von all den Menschen wenig, nur wenn ein Kapitalwurf geschah, hörte man wohl einen Ruf der jungen Männer oder Weiber", schreibt Theodor Storm. Tatsächlich taugt das Boßeln bei aller Geselligkeit auch zu einer Meditation über das weite, flache Land, in dem sich sogar die Erdkrümmung abzuzeichnen scheint.
Es ist ein Spaziergang durch eine
regionale Kulturgeschichte, der längst auch Gästen offen steht. Norden, Aurich,
Jever oder Wilhelmshaven — überall werden offene Boßelrunden angeboten. Auch in
vielen Hotels und Ferienwohnungen liegen die Holzkugeln bereit.
www.frieslandtouristik.de/ bosseln.htm